Meditation

Gepostet von am 29 Sep. 2018 in Kolumne | Keine Kommentare

In der heutigen digitalisierten Welt fällt es den meisten Menschen schwer, sich länger auf ein Thema zu fokussieren und sich dabei nicht ablenken zu lassen. Mit Smartphone, Tablet und Laptop sind wir rund um die Uhr erreichbar, ständig einer Welle an Reizen und Informationen ausgesetzt. Wir machen nicht mehr nur einmal am Tag die Post, sondern antworten im Minutentakt auf Nachrichten – selbst am Feierabend und am Wochenende. Auch die Auswahl an Unterhaltungsmedien und Freizeitaktivitäten ist inzwischen grenzenlos. Deshalb fehlen uns Ruheoasen und der Parasymphatikus, unser Ruhe-Nerv, wird durch das Daueraktiv sein unterdrückt. Die Folge: Stress kann nicht mehr richtig abgebaut werden. Wissenschaftler warnen inzwischen vor der Suchtgefahr, die von Smartphones ausgeht. Sie sei sogar vergleichbar mit der von Kokain.

Um dies zu vermeiden und ein Burnout zu verhindern, müssen wir uns aktiv Auszeiten suchen. Doch das ist gar nicht so einfach, denn der Geist ist immer aktiv, will ständig neue Informationen aufsaugen. Wir empfinden es als angenehm durch die Welle der Reize zu treiben, tun das irgendwann wie ferngesteuert. Mit dem Ergebnis müde, gereizt und gestresst zu sein. Erst wenn wir dem Geist wieder Pausen einräumen, können wir uns auch wieder stärker auf das Wesentliche konzentrieren. Und das lässt uns effektiv und dabei zufriedener sein.

 

Der amerikanische Medizinprofessor und Molekularbiologe Jon Kabat-Zinn forscht seit Ende der Siebziger Jahre zum Thema Achtsamkeit und Meditation. Er konnte wissenschaftlich nachweisen, dass sich vieles durch Meditation verändert: Stresssymptome und Ängste lassen nach, Depression, Burnout, Schlafstörungen und psychosomatischen Beschwerden wie Migräne werden gelindert. Schmerzen aufgrund von schweren Krankheiten wie Krebs und Herzkrankheiten, können laut Kabat-Zinns Studien ebenfalls reduziert werden. „Einfach mal nichts tun“ lautet seine Devise. Und das muss trainiert werden, wie ein Muskel. Ein tägliches Training von fünf bis zehn Minuten genügt. Sich auf den Atem konzentrieren, mit den Gedanken durch den Körper wandern und ihn wahrnehmen. Gelingt im Sitzen, Gehen, Stehen und Liegen, zu Hause, unterwegs, beim Treppensteigen und sogar beim Geschirrspülen. *

 

Meditation wird von einigen immer noch als esoterische Spinnerei abgetan, was vermutlich an ihren religiösen Wurzeln liegt. Doch aus dem Lateinischen übersetzt, bedeutet „meditari“ nichts anderes als „nachdenken, nachsinnen, überlegen“. „Meditatio“ heißt „Ausrichtung zur Mitte“ und veranschaulicht, dass es um den Blick nach Innen geht. Liest man verschiedene Definitionen, kristallisiert sich, dass Meditation ein Vorgang ist, bei dem durch Anwendung bestimmter Techniken – wie zum Beispiel Körperhaltung, Atmung, Konzentration, Wiederholen bestimmter sprachlicher Formeln – ein spezieller Zustand des Bewusstseins herbeigeführt wird. Und in diesem Zustand sammelt man seine Konzentration in einem Punkt und kann Wahrheiten erkennen. Hauptziel ist, sich auf die Gegenwart zu konzentrieren, so dass der Geist aufhört über die Vergangenheit zu grübeln oder sich Sorgen über die Zukunft zu machen. Es geht um das Freisein von Gedanken, das Einssein mit sich.

Im Buddhismus ist die Erleuchtung das höchste Ziel der Meditation. Auf dem Weg dorthin lernt man, wie man sich von störenden Gefühlen (z.B. Ängsten) befreit, positive Eindrücke im Geist sammelt und egoistische Einstellungen überwindet. Das ermöglicht ein Leben voller Freude, unabhängig von äußeren Bedingungen, erfüllt von bedingungsloser Liebe gegenüber allen Lebewesen. In christlicher, islamischer und jüdischer Traditionen kann man Meditieren mit Beten gleichsetzen. Das höchste Ziel ist das unmittelbare Erfahren des Göttlichen.

Die Ziele, die wir heute mit Meditation erreichen wollen sind meist vielfältig und individuell: Etwa im hektischen Alltag ausgeglichener zu sein, mehr Zufriedenheit und Lebensfreude zu empfinden, dabei klar und hellwach sein, tiefste Entspannung spüren.

 

Meditation in der Beraterpraxis

Meditationstechniken helfen uns dabei, in der Gegenwart präsent zu sein, gewohnte Denkmuster zu durchbrechen, sich frei von Bewertungen, dem subjektiven Empfinden der Vergangenheit und Zukunftsängsten zu machen. Allein deshalb sind sie prädestiniert, um als Tool in den Coaching-Prozess integriert zu werden. Hier können sie auch bei einer Bestandsaufnahme helfen: Wo stehe ich? Wo will ich hin? Was brauche ich nicht mehr? Wovon will ich mehr? Arbeitet man mit Coachees, die chronisch überlastet und überfordert sind oder sich nach mehr Leistungsfähigkeit und Ausgeglichenheit sehnen, kann ihnen das Erlernen der Meditation als Hausaufgabe helfen. Geführte Meditationen, wie nach Deepak Chopra (www.deepakchoprameditation.de) oder einer App, wie „7Mind“, können Ungeübten helfen, die Technik zu lernen.

 

Meditation bei Teamentwicklungen:

Um im beruflichen Kontext Manager, Führungskräfte und deren Team an die Meditation heranzuführen, baue ich bei meinen Seminaren Meditationssequenz in den „Walk to Talk“ ein. Bei dieser Methode geht man zu zweit spazieren, um in Bewegung leichter über anstehende Themen zu sprechen. Nach einer festgelegten Zeitspanne von etwa zehn Minuten wechselt man den Gesprächspartner. Als erste Einheit fordere ich zum Spaziergang in der Stille, dem „Silent Walk“, auf. Schweigend gehen alle Teammitglieder hintereinander her und beschäftigen sich mit einer von mir gegebenen Aufgabenstellung, wie zum Beispiel: „Fokussiere Dich nur auf die Geräusche oder Beobachtungen in der Natur“. So wird der Geist von allem abgelenkt, was er normalerweise denkt.

 

*Literaturempfehlung: Jon Kabat-Zinn: Gesund durch Meditation. (Full Catastrophe Living.) und Jon Kabat-Zinn: Im Alltag Ruhe finden. Meditationen für ein Gelassenes Leben.